1863

Ferdinand von Lasalle gründet den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein. Dies gilt allgemein als das Gründungsdatum der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands[1]. Das Erfurter Programm von 1891 beschreibt unter anderem folgende Ziele und Forderungen der Partei:

  • Ein Arbeitstag soll höchstens acht Stunden dauern.
  • Erwerbsarbeit für Kinder unter 14 Jahren soll verboten sein.
  • Keine Nachtarbeit, wenn sie nicht aus technischen Gründen oder aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt unvermeidlich ist.
  • Jeder Arbeiter soll pro Woche eine zusammenhängende Ruhepause von mindestens 36 Stunden haben.
  • Alle Gesetze, die Frauen in öffentlichen und privatrechtlichen Beziehungen gegenüber Männern benachteiligen, sollen abgeschafft werden.

Mit diesen Forderungen waren die Sozialdemokraten noch für Jahre der Realität weit voraus, und die Arbeit an der völligen Gleichstellung der Frauen reicht bis in unsere Gegenwart.

1878 bis 1890

Trotz des Bismarckschen Verbots der Partei von 1878 bis 1890 hielt der Zulauf zur Sozialdemokratie nicht nur an sondern wurde stetig stärker. 1890 erhielt die SPD bei Reichstagswahlen bereits 19,7%. Einigkeit macht stark. Zusammengehalten wurden die Sozialdemokraten in den Jahren, als das Sozialistengesetz das Auftreten als politische Partei unmöglich machte, durch ein Geflecht von Vereinen: vom Sportverein bis zum Gesangsverein, vom Arbeiterinnenbildungsverein (!) bis zum Arbeitersparverein. Dieses vielfältige und weitverzweigte Vereinsleben hat sich später von der nationalsozialistischen Unterdrückung nie wieder ganz erholt; durch die gewaltigen Veränderungen der Gesellschaft und des Freizeitverhaltens nach dem Krieg kam es fast zum Erliegen.

1891

Der Buchbindergeselle Georg Biener und der Zimmererpolier Johann Brunner rufen in Starnberg den Sozialdemokratischen Wahlverein ins Leben.

1892

Am 8. Dezember 1892 löst sich aus diesem Sozialdemokratischen Wahlverein München, dem noch Machtlfing und Tutzing angehören, die eigenständige Sektion Starnberg heraus. Mit dem Ortsverein Starnberg begann auch die große Zeit von Georg von Vollmar, der in zahllosen Reden – vor allem in Tutzing – versuchte die Bevölkerung von dem Sozialdemokratischen Gedankengut zu überzeugen und damit auch sehr erfolgreich war.

1898

Nach den Reichstagswahlen am 16.6.1898 tat der damalige Kaiser Wilhelm II. die Sozialdemokratie als eine „vorübergehende Erscheinung“ ab, die sich bald austoben wird.

1907

Es war schon beeindruckend, wie sich die Genossen treu und brav immer wieder zusammenfanden. Vor allem war erstaunlich, mit welcher Begeisterung sie sich an den Wochenenden oder an Feiertagen mit Familie, mit Kind und Kegel trafen, um zu einem befreundeten Ortsverein – etwa nach Tutzing – einen Ausflug zu machen.

1927

Zum ersten Mal fand in der Kreisstadt Starnberg eine SPD-Bezirkskonferenz statt. Bekannt ist aber leider nur das die Ortsvereine Gilching, Wessling, Gauting, Herrsching und Tutzing anwesend waren.

Es wurde immer gefährlicher, Sozialdemokrat zu sein, geschweige denn, sich öffentlich dazu zu bekennen. Kein Wunder also, dass forthin das öffentliche Auftreten der Starnberger Genossen immer seltener wurde und die Aktivität des Ortsvereins unter dem massiven Druck der rechtsradikalen Kräfte schließlich ganz erstickt wurde. So war es praktisch nur noch eine Formsache, als Hitler nach seiner Machtergreifung die SPD verbot.

1931

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Freigesprochen: Obwohl sie eine SPD-Versammlung aufgemischt hatten,konnten sie vor Gericht nicht belangt werden: Nazis und ihre Anwältenach der Berufungsverhandlung am Landgericht München II.Foto: Repro/Lory (Münchner Merkur vom 31.01.2011)

Ein Bericht über die weithin bekanntgewordene Murnauer Saalschlacht vom 1. Februar 1931[2] aus dem „Land- und Seeboten“ mag für zahllose Ereignisse dieser Art in jener Zeit kennzeichnend sein: Die sozialdemokratische Partei hatte in der Gaststätte Kirchmair (Murnau) für Sonntagnachmittag eine Versammlung einberufen, in der Landtagsvizepräsident Auer sprach. Die ‚Münchner Post‘ berichtete tags zuvor: Hakenkreuzler wollen die Versammlung sprengen! Sonntagnachmittag kamen zirka 100 uniformierte Reichsbannerleute des Sturm-13-München nach Murnau. Diese Truppe wurde durch schätzungsweise 200 weitere Anhänger der SPD aus Starnberg, Tutzing, Weilheim und Peißenberg verstärkt. Der Saal war für die vielen Menschen zu klein, und so zog ein Teil zum Griesbräu ab, wo anschließend … eine zweite Versammlung abgehalten werden sollte. Der erste Teil der Versammlung verlief programmmäßig. Auer sprach, nur wenige Zwischenrufer wurden laut. Zur Diskussion meldete sich der Nationalsozialist Engelbrecht. Auch er konnte seine Diskussion bis zum Schlusse durchführen. Als seine Rede in ein ‚Heil Hitler!‘ ausklang, platzte die Bombe. Was nun folgt, spielte sich rasend rasch ab. Einige Pfuirufe, einige Nationalsozialisten – nur 40 bis 50 waren im Saal – stimmten das ‚Horst-Wessel-Lied‘ an, der erste Stuhl und der erste Bierkrug flogen, worauf eine wahre Schlacht einsetzte. Bierkrüge und Kaffeegeschirr prasselten einige Sekunden nieder, dass es wie Hagelschlag anzuhören war. Hernach kamen die Stühle an die Reihe, selbst mit Tischen wurde zugeschlagen … Gummiknüttel, Stahlruten und Totschläger traten in Aktion … in zehn Minuten war die ganze Einrichtung zerschlagen, der Boden mit Blut bespritzt … Von nationalsozialistischer Seite war, wie wir dazu erfahren, der Befehl ausgegeben worden, mit 240 SA-Mann den Diskussionsredner der NSDAP zu schützen. Die verstärkt anwesende Polizei war machtlos. 13 zerschlagene Menschen – zehn davon sind Nationalsozialisten und drei Reichsbannerleute – sind zu beklagen.“ Das war die Situation.


[1] Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) wurde 1875 in Gotha durch den Zusammenschluss der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP) unter August Bebel und Wilhelm Liebknecht und des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) unter Ferdinand Lassalle gegründet. Vorsitzender wurde August Bebel.


[2] Dass der Nazismus ausgerechnet in Murnau, «der NS-Hochburg des Werdenfelser Landes», lange vor 1933 gut verankert war, beweist auch das Ergebnis der Reichstagswahl vom Mai 1924, als die Nazis in Murnau – sonst in Deutschland chancenlos – fast 35 Prozent der Stimmen erhielten (März 1933: 52,8 Prozent).

 

Wikipedia:

Gesichte der deutschen Sozialdemokratie

LEMO – Lebendiges Museum online:

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 1870-1918